Angst vor Veränderung

Mutig oder eher ängstlich? Wie gehen Sie oder auch Kinder in Ihrer Umgebung mit Veränderungen um?

Marie weinte jeden Morgen herzzerreißend

Es ist einige Jahre her. Eine Mutter kam auf Empfehlung zu mir. Ihre Tochter konnte sich morgens nur ganz schwer verabschieden. Die Erstklässlerin weinte und klammerte sich ganz fest an ihre Mutter. Mutter und Tochter waren verzweifelt. Marie wollte das ganze Theater vor ihren Mitschüler*innen gar nicht. Die Mutter hatte furchtbaren Stress, weil sie ständig zu spät zur Arbeit kam. 

Auf meine Frage, ob dies bei der Eingewöhnung in die Kita auch schon so war, nickten beide heftig. Marie erzählte dann, dass sie auch so fröhlich, wie die anderen Kinder sein möchte. So war das Ziel schnell gefunden.

Die kinesiologische Sitzung konnte beginnen. Die Kinesiologie nutzt den Muskeltest. Dieser macht sichtbar, was das System stresst und was es braucht, damit der Stress integriert werden kann. Als Ursache war die Geburt schnell gefunden. Und zwar die Zeit kurz nach der Geburt:

  • Die Mutter schaute mich sehr erstaunt an.
  • Sie erzählte dann, dass ihr Marie kurz nach der Geburt sofort weggenommen wurde, weil Werte nicht stimmten.
  • Zeit für Bonding blieb nicht. Mutter und Tochter konnten nicht kuscheln und sich aneinander gewöhnen.

Nachdem der Stress mit Unterstützung des Muskeltests integriert wurde, hüpfte Marie von meiner Liege. Sie kletterte auf den Schoss ihrer Mutter und schlief augenblicklich ein. Ich ließ Mutter und Tochter alleine im Raum, so dass sie Zeit hatten, dass Bonding „nachzuholen“. Nach 20 Minuten wurde Marie wach und wollte gehen. 

Nach einigen Tagen meldete sich die Mutter und erzählte mir, dass Marie nun vom Schultor alleine zum Aufstellplatz gehen würde. Sie sei dabei ganz entspannt.

Fazit: Ob Sie oder ein Kind mutig oder eher ängstlich auf Veränderungen reagieren, kann damit zusammenhängen, wie die Geburt verlaufen ist. Die Geburt ist die erste große Veränderung in unserem Leben. Sie beeinflusst oft unbewusst viele weitere Übergänge.

Komplikationen während oder nach der Geburt können prägend sein

Die Geburt ist wie eine Brücke, die das Kind vom geborgenen Leben im Fruchtwasser der Mutter ins Leben mit eigenständiger Atmung und vielen Eindrücken von Außen führt. Komplikationen können während oder nach der Geburt eintreten. Dies erschwert für die Mutter und das Kind die Umstellung. Die empfundenen Emotionen werden im Körpersystem gespeichert. Oft steuern diese unbewussten Emotionen dann das Verhalten von Mutter und Kind.

Dies kann folgendes bedeuten:

Für die Mutter

  • Sie kann ihr Kind nur schwer abgeben und weiß nicht warum.
  • Ist sehr ängstlich und vorsichtig.
  • Sie möchte alles richtig machen, da sie ständig das Gefühl hat, ihr Kind beschützen zu müssen.

Für das Kind

  • Es ist sehr vorsichtig und kann sich nur schwer von der Mutter trennen.
  • Es bringt Aufgaben nicht zu Ende, da in den Geburtsprozess eingegriffen wurde und ihm Dinge abgenommen werden. Es hat nicht gelernt, sich durch den Geburtskanal „zu arbeiten“. Daran ist niemand Schuld.
  • Es ist immer super schnell unterwegs, da die Geburt sehr schnell verlief. Es ist einfach ganz schnell geboren. Auch hier trägt niemand die Verantwortung. Es ist einfach so.
  • Wenn diese Kinder dann Erwachsene sind, kann es sein, dass sich dieses Verhaltensmusters wie ein roter Faden durch ihr Leben zieht. Manchmal fragen sie sich dann, warum sie so reagieren und oft nicht bewusst entscheiden.

Wichtig: Dies sind Reaktionen, die sein können, aber nicht zwingend eintreten müssen.

Mein Ziel: Bewusstsein für diese Zusammenhänge schaffen

Wenn ich um diese Zusammenhänge weiß, kann ich als Eltern, Erzieher*innen oder auch als Lehrer*innen verständnisvoller mit der Situation umgehen:

  • Ich zweifele nicht an mir.
  • Ich habe im Hinterkopf, dass vielleicht eine Situation während der Geburt zur derzeitigen Situation beigetragen hat.
  • Dadurch bin ich weniger gestresst.
  • Ich erkenne, dass möglicherweise Sicherheit fehlt und wie ich dazu beitragen kann, dass dieses Gefühl entstehen kann.
  • Ich weiß, dass der Muskeltest dabei helfen kann, um mögliche unterbewussten Zusammenhänge zu erkennen und zu integrieren. Dies bedeutet, dass die Situation dann nicht mehr so emotional aufgeladen ist. Kind und Eltern können neue bewusste Aktionen angehen.

Fazit: Sind wir in einer besonderen Situation, stehen unter Stress oder sind angeschlagen, kann es sein, dass wir Gefühle nicht gut verarbeiten. Sie bleiben als eingeschlossene Emotion in unserem System hängen. Kommen wir in ähnliche Situationen so lassen uns diese gespeicherten Emotionen genauso oder ähnlich reagieren. Dies gilt für alle Situationen, die wir erleben. Aus diesem Grund sind viele Situationen in der Schulzeit auch so prägend für uns.

Mein Tipp: Die „Mut tut gut“-Übung

Unser Körper reagiert auf Situationen und Gedanken innerhalb von Sekunden. Manchmal lösen Dinge in uns Stress aus. Teilweise wünschen wir uns dann mehr Mut. Dies gilt für Kinder aber auch für Erwachsene.

Eine Übung, die ich für mich sehr mag und auch in meiner Arbeit einsetze, geht so: Es wird der „Tarzan-Punkt“ oder auch die Thymusdrüse geklopft.

Sicherlich haben Sie bei Tarzan einen Affen im Kopf, der sich auf die Brust klopft. Dies machen wir jetzt auch: Wir klopfen mit den Finger einer Hand oder auch abwechselnd mit beiden Händen einige Male in die Mitte der Brust auf das Brustbein. So wird die Thymusdrüse in unserem Körper aktiviert und gestärkt.

Mit den Kindern in der Grundschule spreche ich gerne gemeinsam noch diesen Spruch. Besonders vor Tests oder Klassenarbeiten lieben die Kinder dieses Ritual. Das Poster können Sie gerne ausdrucken und zur Erinnerung aufhängen.